Die NRW-Landesregierung plant eine massive Verschärfung des Polizeigesetzes. Diese Verschärfung hebelt grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien wie die Unschuldsvermutung und Gewaltenteilung aus.
Nach großem Widerstand in der Bevölkerung mit einer NRW-weiten Demo von 20.000 Menschen in Düsseldorf aus unterschiedlichsten Bereichen der Zivilgesellschaft und der Androhung von Verfassungsklagen von Bürgerrechtlern wurde die Abstimmung verschoben und eine Überarbeitung des Gesetztes angekündigt. Wie zu befürchten war, besteht diese Überarbeitung einzig in kosmetischen Änderungen, die nichts am antidemokratischen Charakter des Gesetztes ändern. Es bleibt eine Gefahr!
Das neue Polizeigesetz ermöglicht es, Menschen auch ohne konkreten Verdacht anzuhalten und zu durchsuchen, bis zu 2 Wochen in Präventivgewahrsam zu nehmen oder mit Hausarrest zu belegen und Staatstrojaner massiv einzusetzen. Der Staatstrojaner soll eingesetzt werden können um Messenger wie WhatsApp mitzulesen, bei sowohl vermeintlich verdächtigen Personen, als auch deren gesamten sozialem Umfeld. Zudem wird die Videoüberwachung des öffentlichen Raums sogar nochmals ausgeweitet.
Die drohende Gefahr wurde gestrichen, allerdings bleiben die schwammigen Vorgaben für die „drohende terroristische Gefahr“ in einigen Paragraphen bestehen und es gibt einen Straftaten-Katalog, nach welchem die Polizei mit viel Interpretationsspielraum präventiv eingreifen darf.
Kern des neuen Polizeigesetzes ist nach wie vor die Vorverlagerung der polizeilichen Befugnisse in einen Bereich der bloßen Vermutung einer Gefahr, in dem noch gar keine konkrete Gefahr droht.
All dies bedeutet: Unverdächtiges, grundrechtlich geschütztes Handeln wird verdächtig gemacht. Das hebt die Unschuldsvermutung auf. Menschen sollen zur Abwehr beliebiger „Straftaten“ für bis zu 28 Tage eingesperrt werden können. Bis zu 1 Woche Haft ist zur bloßen Identitätsfeststellung geplant.
Und wie willkürlich die Polizei sein kann, hat die Durchsuchung des Wiesencamps im Hambacher Forst gezeigt, welches ein Privatgrundstück ist und ohne richterlichen Beschluss wegen angeblicher Gefahr im Verzug durchkämmt wurde.
Strafbefugnisse im Polizeigesetz und der Eingriff bei Verdacht auch bei vermeintlich konkreter Gefahr verwischen die Grenze zwischen polizeilicher und geheimdienstlicher Tätigkeit und stellen auch die Gewaltenteilung insgesamt in Frage.
Betroffen von diesen Eingriffen in Grundrechte sind potentiell alle Menschen. Es reicht schon, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Doch muss klar sein: manche wird es früher und härter treffen als andere – nämlich diejenigen, die bereits besonderes Ziel polizeilicher Eingriffe sind.
Durch den im Polizeigesetz vorgesehen Ausbau von Strategischen Fahndungen werden von Rassismus betroffene Menschen noch weit mehr als jetzt von „racial profiling“-Kontrollen getroffen werden. Auch Wohnunglose, psychisch Kranke, politisch Aktive, Streikende, Fussballfans und viele weitere werden die Maßnahmen verstärkt zu spüren bekommen.
Die Polizei hat keinen Nachweis erbracht, dass die neuen Befugnisse überhaupt notwendig sind. 2017 hatte Deutschland die niedrigste Kriminaltitätsrate seit einem Vierteljahrhundert. Trotzdem sollen 2018 Verschärfungen der Polizeigesetze in NRW und mehreren Bundesländern durchgepeitscht werden. Dafür werden Ängste in der Bevölkerung bewusst geschürt.
Auch bei der diesjährigen Konferenz der Innenminister der Bundesländer (IMK) ist die Einführung und Angleichung der Polizeigesetze eines der Hauptthemen. Das ist der Weg in den Polizei- und Überwachungsstaat!
Wir sagen deshalb – wie in vielen anderen Bundesländern auch – NEIN zum neuen Polizeigesetz in NRW; NEIN zum massiven Eingriff in die Grundrechte von Millionen von Menschen und NEIN zu massenhafter Überwachung unter dem Deckmäntelchen von Sicherheit und Ordnung!
Wir fordern den Landtag NRW auf, die Gesetzesänderungen nicht zu beschließen.
Beteiligt euch an den dezentralen Aktionen am 23. und 24.11.
Kommt am 08.12 zur NRW Kundgebung in Düsseldorf
Wir wollen die Neuerungen im Polizeigesetz und die Auswirkungen, die daraus folgen, in der breiten Öffentlichkeit bekannt machen und werden dazu in vielen verschiedenen Städten NRWs Infoabende veranstalten – frag auch du bei uns für eine Veranstaltung in deiner Stadt an!
Auch wenn das Gesetz verabschiedet werden sollte, werden wir nicht aufhören dagegen aktiv zu sein – wir werden die Verschärfungen und Einschränkungen der Grundrechte aller nicht tatenlos hinnehmen!
Wir sind das Bündnis „Nein zum neuen Polizeigesetz NRW“. Wir sind Menschen aus verschiedenen Gruppen aus Zivilgesellschaft und außerparlamentarischem Aktivismus; wir sind Einzelpersonen aus Verbänden und politischen Parteien. Auch wenn wir in einzelnen Positionen unserer alltäglichen Praxis nicht übereinstimmen, so kommen wir doch zusammen, um gegen das neue Polizeigesetz zu protestieren, weil es uns alle betrifft – im Alltag, auf der Straße, in Schule, Uni und Betrieb.